Meenakshi Tempel
Für die Erkundung des Sri Meenakshi Tempels sollten wir uns genügend Zeit nehmen. Neben den gopurams (Tortürme, die den Zugang zum Tempelareal gewähren), Schreinen, Hallen, Skulpturen und Wandgemälden beeindruckt vor allem das bunte Treiben in der täglich von mehr als 10.000 Menschen besuchten Tempelstadt. Es lohnt sich, zu unterschiedlichen Tageszeiten hinzugehen, da sich die Atmosphäre immer wieder ändert.
Die Tempel, in denen Shiva und Meenakshi verehrt werden, liegen zusammen mit weiteren Nebentempeln und -schreinen innerhalb eines umfriedeten Rechtecks, das 254 x 237 m misst. Die sechs Hektar große Anlage wird durch zwei parallele Ost-West-Achsen bestimmt, auf denen die beiden Haupttempel liegen. Wahrzeichen der Stadt sind die zwölf riesigen Tempeltürme, die die Millionenstadt weithin überragen.
Der hohe, im Stil einer Festungsmauer gestaltete Außenwall wird von vier Tortürmen unterbrochen - einen in jeder Himmelsrichtung. Die Spitzen dieser mit Tausenden von bunten Götterfiguren, Dämonen, Asketen, Tempelwächtern, Tieren und Fabelwesen übersäten gopurams bestehen aus tonnenförmigen Überdachungen, die seitlich in großen hufeisenförmigen Bögen enden. Umfangreichen Renovierungsarbeiten wurden Mitte des 20. Jh. hier durchgeführt. Auf Grund eines Volksentscheids hatte man sich für die farbigen Variante entschieden. Wie Inschriften am Tempel belegen, entspricht dies auch dem ursprünglichen Zustand.
Betritt man die Tempelanlage durch das Tor des südlichen gopuram, taucht auf der rechten Seite hinter den Säulen des umlaufenden Wandelganges der Teich des Goldenen Lotus (Pottamarai Kulam) auf. Dieser Tempelteich ist der ideale Ort, um auf den zum Wasser führenden Ghats (Treppenstufen) das bunte Leben auf sich wirken zu lassen. Familien legen hier eine Pause ein, Pilger vollführen ihre rituellen Waschungen, Musiker spielen in der Hoffnung auf ein paar Rupien, Hochzeitspaare lassen sich fotografieren, ältere Menschen treffen sich auf ein Gespräch - hier zeigt sich, dass die südindischen Tempel neben ihrer sakralen Bedeutung bis heute ihre Funktion als sozialer Mittelpunkt des Lebens bewahrt haben. Der Tempelteich bietet sich auch als guter Standort zum Fotografieren der umliegenden Türme an. Während die Hauptschreine des Meenakshi und Sundareshvara trotz ihrer vergleichsweise geringen Größe wegen der goldenen Ummantelung sofort ins Auge fallen, ragen die knallbunten gopurams atemberaubend weit in die Höhe.
Die den Teich umlaufenden Säulengänge des zwischen dem 15. und 17. Jh. von den Nayaks erbauten Tempels sind von den monolithischen, mit Ungeheuern geschmückten Granitpfeilern geprägt, die das vortragende Deckensystem tragen. Auch die bunten Deckengemälde bilden einen interessanten Blickfang. Die meisten von ihnen stammen aus dem 17. Jh. und zeigen Szenen der von Shiva in Madurai vollbrachten Heldentaten. Der zwischen Tempelteich und dem nur Hindus zugänglichen Meenakshi Schrein gelegene Kilikattu Mandapam beherbergt ein interessantes Modell, anhand dessen man sich einen Überblick über die verwinkelte Tempelanlage verschaffen kann. Allabendlich zwischen 20 und 21 Uhr findet am Eingang zum Meenakshi Schrein die von vielen Gläubigen verfolgte Lali Puja statt.
Durch einen kleinen Durchgang gelangt man in den wesentlich größeren zweiten Tempelbereich mit dem Sundareshvara Schrein im Zentrum. Die weiten, das Hauptheiligtum umlaufenden Korridore mit ihren fein skulpturierten Pfeilern beherbergen eine Reihe von Götterskulpturen, denen die Gläubigen ihre Aufwartung machen. Als erstes trifft man auf eine gewaltige Ganesha Figur, welche im 17. Jh. auf dem Grund des fünf Kilometer östlich der Stadt gelegenen Mariammam-Teppakulam Sees entdeckt und hierher gebracht wurde.
Vorbei an einem mit rotem Pulver bedeckten Hanuman Schrein gelangt man zu der großen, dem Sundareshvara Schrein vorgelagerten Halle. Hier versammeln sich die Gläubigen und warten darauf, dass der von einem Nandi Bullen bewachte Hauptschrein (für Nicht-Hindus geschlossen) von den Tempelbediensteten geöffnet wird. Einer der beliebtesten Zeitvertreibe besteht darin, die beiden im Norden des Hofes beim Tanzwettbewerb dargestellten Figuren von Shiva und Kali mit Butterkugeln zu bewerfen. Das macht nicht nur den Pilgern Spaß, sondern erfreut auch die Brahmanen, die am Verkauf dieser Wurfgeschosse kräftig verdienen. Bezweifelt werden darf allerdings, ob die gänzlich mit Butterfett besudelten Hindu Götter gefallen an dem kirmesähnlichen Vergnügen finden. Von den zahlreichen die Pfeiler schmückenden Figuren fällt besonders die Darstellung einer breitbeinigen Frau ins Auge.
Begibt man sich von hier Richtung Osttor, gelangt man zu der links (nördlich) vom Hauptweg gelegenen 1000-Säulen Halle (Airakal Mandapa). Tatsächlich handelt es sich dabei um 995 aufwendig mit springenden Pferden, berittenen Löwen sowie Fabelwesen und Göttern dekorierte, monolithische Granitpfeiler. Die Größe des Raumes, der eine Fläche von 75 x 75 m bedeckt, zeigt die zunehmende Bedeutung, die dieser Art von Versammlungssaal in der späten indischen Architektur zukam. Heute beherbergt der Saal das Tempelmuseum mit einer umfangreichen Sammlung von zum Teil ausgezeichneten Skulpturen. Wie so häufig in ähnlichen Museen Indiens macht alles einen sehr heruntergekommenen Eindruck. So wird dem an sich sehr schönen Raum viel von seiner Wirkung genommen.
Nach Durchschreiten des Kalyan Mandapam, Mittelpunkt des zwölftägigen, alljährlich im April/Mai in Erinnerung an die Krönung Shivas gefeierten Chittirai Festes, gelangt man zum östlichen Rajagopuram. Wie die vier anderen ist dieser mit 56 m und neun Stockwerken höchste Torturm mit Tausenden von farbigen Figuren besetzt.
Spätestens hier wird man von Einheimischen angesprochen, die einen mit "The best view of the Meenakshi Temple" in ihr Textilgeschäft locken möchten. Die um den Tempelkomplex führenden Straßen sind gesäumt von Stoffgeschäften und Schneidereien, von deren Dächern sich tatsächlich häufig schöne Aussichten auf die Tempelanlage bieten. Es spricht also nichts dagegen eine solche - selbstverständlich nicht uneigennützig ausgesprochene - Einladung anzunehmen. Hat man die Aussicht genossen und Fotos gemacht, kann man sich ja wieder mit einem freundlichen Lächeln verabschieden.
Auf keinen Fall entgehen lassen sollten wir uns einen Besuch der unmittelbar vor dem Rajagopuram gelegenen, nur durch die Straße von ihm getrennten Puthu Mandapa. Die 111 x 35 m große Halle wurde ursprünglich als eine dem Tempelkomplex vorgelagerte Eingangshalle gebaut. Wie die mit Skulpturen der Nayak Herrscher geschmückten Säulen belegen, handelte es sich hierbei um eine Art Visitenkarte, die den Gläubigen vor dem Betreten des Tempels die Macht und Großzügigkeit ihrer Herrscher vor Augen führen sollte. Heute haben sich in dem zu einer Art Markthalle umgewandelten Mandapa (Pavillon) viele Schneider niedergelassen, die es besonders auf kaufkräftige Touristen abgesehen haben.
Öffnungszeiten:
Der Sri-Meenakshi Tempel ist tgl. von 5 bis 12.30 Uhr und 16 bis 21.30 Uhr geöffnet. Schuhabgabestellen befinden sich an jedem der vier Eingangstore, wo auch Fototickets (50 Rs) gekauft werden können. Videofilmen ist verboten.
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